Press Release

Schwere Zeiten stehen bevor - Geschäftsvertrauen deutscher Unternehmen in China auf historischem Tiefstand

15.12.2022

Peking/Guangzhou/Shanghai, 15. Dezember 2022: Die Deutsche Handelskammer in China hat heute die Ergebnisse ihrer jährlichen Umfrage zum Geschäftsklima veröffentlicht. Chinas jüngste Abkehr von der Null-COVID-Politik ist eine begrüßenswerte Entwicklung und wird mittel- und langfristig zur Wiederherstellung des Geschäftsvertrauens beitragen. Die Null-COVID-Politik hat jedoch tiefe Spuren hinterlassen: 2022 erreichte das Geschäftsvertrauen und die Attraktivität des chinesischen Marktes einen historischen Tiefpunkt – 41% der deutschen Unternehmen erwarten einen Gewinnrückgang. Sie setzen auf Lokalisierungs- und Diversifizierungsstrategien, um die Risiken der früheren Null-COVID-Politik sowie der veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen zu minimieren.   


Wichtigste Ergebnisse: 

  • Das Geschäftsvertrauen hat einen historischen Tiefstand erreicht: 49 % der deutschen Unternehmen finden, dass China im Vergleich zu anderen Märkten an Attraktivität verloren hat. Nur 51% beabsichtigen, ihre Investitionen in China in den nächsten zwei Jahren auszubauen, verglichen mit 71% im letzten Jahr - ein Rückgang um 20 Prozentpunkte. Als größte Herausforderungen wurden Chinas Null-COVID-Politik und geopolitische Spannungen genannt. 
  • Chinas Null-COVID-Politik dezimierte den Geschäftserfolg im Jahr 2022: 66 % der deutschen Unternehmen nannten Chinas Null-COVID-Politik als ihre größte Herausforderung für das operative Geschäft und als Hauptgrund, Investitionen zu verringern oder den Markt ganz zu verlassen, was 10 % der Befragten in Erwägung ziehen (gegenüber 4 % im letzten Jahr).
  • Regulatorische Hürden bleiben bestehen: Die größten regulatorischen Herausforderungen für Unternehmen sind Rechtsunsicherheit (33 %) sowie Cyber- und Datenschutzvorschriften (31 %), die mit der unklaren Umsetzung des chinesischen Cybersicherheitsgesetz zusammenhängen. Initiativen wie "Made in China 2025" und das Streben des Landes nach mehr Eigenständigkeit verschaffen lokalen Wettbewerbern einen Vorsprung - 29 % der deutschen Unternehmen berichten über nachteilige Behandlung. 
  • Diversifizierung und Lokalisierung als strategische Richtungen: Die Reaktion der Unternehmenszentralen auf die frühere Null-COVID-Politik und die zunehmenden geopolitischen Spannungen besteht in einer verstärkten Diversifizierung außerhalb Chinas und einer intensiveren Lokalisierung innerhalb des Landes. 
  • Vorsichtiger Optimismus für 2023: Die Erwartungen deutscher Unternehmen für 2022 wurden enttäuscht. Im Jahr 2023 kehrt vorsichtiger Optimismus zurück - 50 % der befragten Unternehmen erwarten einen höheren Geschäftsumsatz und 37 % prognostizieren höhere Gewinne. Außerdem erwarten 77 % der deutschen Unternehmen für die nächsten fünf Jahre ein steigendes jährliches Wachstum in ihrer Branche.

Das Geschäftsvertrauen der Unternehmen hat einen historischen Tiefstand erreicht

"Dieses Jahr wurden deutsche Unternehmen von Chinas Null-COVID-Politik geplagt. Die damit einhergehenden Einschränkungen haben das Geschäftsvertrauen, die Attraktivität des Marktes und Geschäftschancen verdorben", resümiert Clas Neumann, Vorsitzender der Deutschen Handelskammer in China | Shanghai. Er fügt hinzu: "Die geopolitischen Spannungen üben zusätzlichen Druck auf deutsche Unternehmen aus und veranlassen Entscheidungsträger, ihr Engagement in China neu zu bewerten." 

58 % der Befragten geben an, dass die Attraktivität Chinas als Investitionsstandort im Vergleich zu anderen Märkten abgenommen hätte. Nur 51% der deutschen Unternehmen planen, ihre Investitionen in China in den kommenden zwei Jahren zu erhöhen, ein Rückgang um 20 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Einschätzung der Geschäftschancen ist pessimistischer: So sehen beispielsweise nur 30 % der deutschen Unternehmen die Zunahme des Binnenkonsums als bedeutende Chance an, gegenüber 68 % im Jahr 2019. 

Chinas Null-COVID-Politik dezimierte den Geschäftserfolg im Jahr 2022

In diesem Jahr nannten 66 % der deutschen Unternehmen die Null-COVID-Politik als ihre größte operative Herausforderung, ein Anstieg um 24 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. 

61 % der Unternehmen, die in den kommenden zwei Jahren weniger oder gar nicht in China investieren werden, nannten die erwartete Fortsetzung der Null-COVID-Politik als Hauptgrund. Von den 10 % der Unternehmen, die einen Marktaustritt in Erwägung ziehen, gaben 72 % an, dass COVID-bedingte Beschränkungen dafür ausschlaggebend waren.

Zu Chinas jüngster Abkehr in der COVID-Politik sagt Clas Neumann: "Das plötzliche Ende von Chinas Null-COVID-Politik ist ein Wendepunkt. Die deutschen Unternehmen werden ihre Geschäftstätigkeit rasch an die neuen Bedingungen anpassen, um die zu erwartende COVID-Infektionswelle zu bewältigen. Danach werden sie optimistischer in das kommende Jahr blicken."

Diversifizierung und Lokalisierung als strategische Richtungen

Die Antwort der Unternehmenszentralen auf die frühere Null-COVID-Politik und die zunehmenden geopolitischen Spannungen ist eine Kombination aus verstärkter Diversifizierung außerhalb Chinas und intensiverer Lokalisierung innerhalb des Landes. 77 % der deutschen Firmenzentralen haben ihre Strategie aufgrund Chinas Null-COVID-Politik bereits angepasst. 70 % ergreifen Maßnahmen, um Risiken im Zusammenhang mit geopolitischen Spannungen wie zum Beispiel internationale Sanktionen zu minimieren.

Unternehmen streuen ihr Risiko, indem sie ihre Geschäftstätigkeiten und Lieferketten innerhalb Chinas lokalisieren oder im südostasiatischen Raum diversifizieren. Manche tun auch beides gleichzeitig.  Größeren Unternehmen fällt der Aufbau von Parallelstrukturen und die Diversifizierung außerhalb Chinas leichter als kleineren.

Vorsichtiger Optimismus für 2023

Das Jahr 2022 war für deutsche Unternehmen in China enttäuschend: 2021 prognostizierten 51% der Befragten eine verbesserte Lage ihrer Branche für dieses Jahr, rückblickend tun dies noch 24%. Für 2023 rechnen 38% der deutschen Unternehmen mit einer positiven Entwicklung. Clas Neumann fasst zusammen: "Allen Widrigkeiten und Herausforderungen zum Trotz bleibt China für viele deutsche Unternehmen unübertroffen in Bezug auf Marktgröße und Wachstumschancen. Die große Mehrheit wird sich weiterhin auf dem chinesischen Markt engagieren."

Chinas Entscheidungsträger müssen jetzt handeln

Die Deutsche Handelskammer in China begrüßt die Abkehr der chinesischen Regierung von der Null-COVID-Politik. Die neuen Regelungen müssen gut geplant sein und strukturiert auf allen Ebenen im Land umgesetzt werden. Deutsche Unternehmen werden ihren Teil beitragen, um den Übergang erfolgreich zu bewältigen. Zusammen mit der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für in- und ausländische Unternehmen und einem transparenteren Rechtsrahmen wird dies dazu führen, Planbarkeit wiederherzustellen und das Vertrauen von Unternehmen und Investoren zu stärken.


Über die Umfrage zum Geschäftsklima 2022/23

Zwischen dem 23. August und dem 21. September haben insgesamt 593 Mitgliedsunternehmen der Deutschen Handelskammer in China an der Umfrage teilgenommen. Damit ist die Studie eine der repräsentativsten Erhebungen zur Stimmung der deutschen Wirtschaft in China.  Die Umfrage wurde 2007 zum ersten Mal durchgeführt - sie ist die wichtigste Publikation der Kammer und die Grundlage für die Vertretung der Interessen der deutschen Wirtschaft in China. 

Über die Deutsche Handelskammer in China

Die Deutsche Handelskammer in China hat derzeit mehr als 2.100 Mitglieder und ist die offizielle Mitgliedsorganisation deutscher Unternehmen in China. Mit aktuellen Marktinformationen und praxisorientierten Wirtschaftsauskünften hilft sie ihren Mitgliedern in China, erfolgreich Geschäfte zu betreiben. Die Kammer bietet der deutsch-chinesischen Business Community eine Plattform und vertritt die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Stakeholdern wie der Politik und der Öffentlichkeit.

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